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„Green Bonds allein fördern kein ESG“

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28. Oktober 2024

Im Interview mit der Börsen-Zeitung spricht Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstands, über den Anpassungsdruck auf die Landwirtschaft und wie die Rentenbank als starker Finanzierungspartner die Branche dabei unterstützt, sich zukunftsfest aufzustellen.

Seit 2020 hat die Landwirtschaftliche Rentenbank bereits acht Green Bonds emittiert. Doch Vorstandssprecherin Nikola Steinbock bezweifelt, dass mit dem Instrument eine Wirkung einhergeht. Die bundesweit agierende Förderbank sucht nach Alternativen – und plant neue Hilfen für eine klimaschonende Ausrichtung der Branche.

 

BZ: Frau Steinbock, kann Landwirtschaft eigentlich grün werden?

Grundsätzlich tue ich mich schwer mit „grün“ und „braun“. Für mich ist entscheidend, dass es in allen Industrien – und eben auch in der Landwirtschaft – erhebliche Potenziale gibt, um Emissionen zu reduzieren.

BZ: Aber Tiere stoßen viele Treibhausgase aus, die das Reduktionspotenzial begrenzen.

Man muss es deutlich aussprechen: Die Landwirtschaft wird weiter reduzieren, kann aber nie klimaneutral sein. Wenn Deutschland 2045 Klimaneutralität anstrebt, dann müssen andere Sektoren mehr beitragen.

BZ: Gelingt es denn, die Emissionen zu reduzieren?

Ja. Da schlägt sich die Landwirtschaft im Vergleich mit anderen Branchen sogar sehr gut. Denn sie zählt zu den wenigen Sektoren, die bislang die Ziele in Bezug auf die Verringerung der Emissionen eingehalten haben.

BZ: Die Fleischpreise sind aktuell recht hoch. Ist es denn für Landwirte schwierig, Preise zu erzielen, mit denen sie auskömmlich wirtschaften können?

Wenn Sie sich die Tierhaltung anschauen: Wir fördern aktiv den Stallumbau, aber es wird hier dennoch bisher viel zu wenig investiert. Denn um die Investitionen zu finanzieren, die für beispielsweise mehr Tierwohl bei Schweinen sorgen würden, müssen sie mit der Schweinehaltung höhere Preise erzielen – oder diese Leistung, die ja auch eine Leistung für die Gesellschaft ist, muss anderweitig honoriert werden.

BZ: Lassen Sie uns über Ihre Rolle als Finanzierungspartner der Landwirtschaft reden. Wie stellen Sie sicher, dass Reduktionsziele eingehalten werden?

Die Hausbanken der Landwirte erstellen für ihre Kunden Nachhaltigkeitsratings. Die Rentenbank unterstützt, indem sie beispielsweise ein einfaches Set von Fragen entwickelt hat, damit es für Landwirte leichter wird, eine höhere Ratingklasse zu erreichen. Wir bemühen uns, dazu beizutragen, dass Landwirtschaft nicht von der Kreditversorgung abgeschnitten wird oder nur schlechte Konditionen angeboten bekommt, nur weil sie nicht klimaneutral werden kann. Das können wir aber nicht allein schaffen. Hier braucht es Unterstützung von anderen Stakeholdern.

BZ: Die Landwirtschaftliche Rentenbank feiert in diesem Jahr ihr 75. Jubiläum. Hat sich ihre Rolle seit ihrer Gründung verändert?

Unsere Aufgabe ist es in erster Linie, als Förderbank Anreize zu setzen, damit investiert wird – in den Stallumbau, in die bodenschonende Bearbeitung von Ackerflächen, in die regionale Produktion von Lebensmitteln, aber auch in Hofnachfolge und in Existenzgründung. Diese Ausrichtung hat sich über die letzten 75 Jahre hinweg bewährt. Und diese Incentivierung gelingt auch sehr gut.

BZ: Hat die Rentenbank dafür konkrete Anreize geplant?

Weil der Treibhausgas-Fußabdruck bei der Kreditvergabe an Bedeutung gewinnt, wollen wir Landwirte motivieren, sich mit ihrer Klimabilanz auseinanderzusetzen. Deswegen werden wir die Erstellung von Klimabilanzen bezuschussen, und zwar aus unseren eigenen Mitteln. Und für Landwirte, die eine Klimabilanz erstellen und sich auf einen nachvollziehbaren Reduktionspfad verpflichten, stellen wir zudem einen Zinsbonus für Investitionen in Aussicht. Die beiden voneinander unabhängigen Förderungen sollen im Laufe des nächsten Jahres an den Start gehen.

BZ: Reden wir hier also von klassischen Zuschüssen?

Für die Erstellung der Klimabilanz sprechen wir über eine Einmalzahlung. Und für Investitionskredite auf Grundlage eines Reduktionspfads reden wir dann über zusätzliche Vergünstigungen bei den Zinskonditionen.

BZ: Ist die Branche zu Anpassungen bereit?

Nach meinem Gefühl haben sich landwirtschaftliche Betriebe, so konservativ sie auch auf den ersten Blick scheinen, schon dreimal neu erfunden, während andere noch darüber nachdenken. Der Druck zur Transformation ist direkter als in anderen Branchen.

BZ: Die Rentenbank hat – ebenso wie die KfW – in diesem Jahr berichtet, dass das Neugeschäft für erneuerbare Energien eingebrochen ist. Das liegt am hohen EU-Referenzzins, sodass die Konditionen unattraktiv waren. Gibt es da eine Besserung?

Da das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus Sicht des EU-Beihilfenrechts bereits eine Beihilfe darstellt, darf über die Finanzierung von zum Beispiel Windparks keine weitere Beihilfe ausgereicht werden. Als Referenzzinssatz wird der 12-Monats-Euribor herangezogen. Wegen einer inversen Zinskurve, also der vergleichsweise hohen Zinssätze für kurzfristige Ausreichungen, ist auch der Referenzwert entsprechend hoch. Das macht Förderdarlehen für die EEG-Finanzierung unattraktiv.

 

 

BZ: Wie lässt sich das Problem lösen?

Die Zinslandschaft muss sich normalisieren, und genau das passiert im Augenblick. Der Referenzsatz ist bereits gesunken. Den Effekt werden wir auch im Neugeschäft sehen.

BZ: Der 12-Monats-Euribor ist binnen Jahresfrist von 4,1% auf jetzt 2,7% gefallen. Wie entwickelt sich folglich Ihr Geschäft?

Für dieses Jahr rechnen wir mit einem Programmkreditvolumen, das spürbar geringer als im Vorjahr liegt. Die Zahl spiegelt aber nicht nur die Folgen des Referenzzinssatzes wider, sondern auch eine Investitionsschwäche, die wir übrigens in vielen anderen Branchen auch sehen. Erfreulicherweise gehen wir von einem starken November und Dezember aus.

BZ: Warum ruft die Landwirtschaft nicht mehr Darlehen ab?

Es fehlt die Planungssicherheit. Sie ist für Investition und Innovation essenziell. Klassisches Beispiel ist der Stallumbau: Lohnt sich die Investition, oder lohnt sie sich nicht? Dazu muss es einen verlässlichen Rahmen geben. Dazu gehören für mich auch verlässliche Abnahmeverträge seitens des Lebensmitteleinzelhandels.

BZ: Was sind die Spezifika von den Investitionsfinanzierungen der Rentenbank?

Erstens: Die Ausfallraten sind extrem niedrig. Im Grunde haben wir keine Ausfälle. Zweitens: Die Laufzeiten sind sehr lang. Denn es dauert, bis sich Investitionen amortisieren, zumal die Betriebsergebnisse in der Landwirtschaft – und damit die Möglichkeiten der Tilgung – gering sind. Drittens gibt es eine Abhängigkeit von Wetter und Klima und damit erhebliche Risiken. Das erzeugt wiederum einen hohen Anpassungsdruck. Das führt dazu, dass sich die Betriebe immer wieder hinterfragen und anpassen müssen.

BZ: Ihr Geschäftsmodell ist die Vergabe von günstigen Programmkrediten. Reicht das aus, um einen Wandel zu fördern?

Unser Hauptprodukt ist der Programmkredit, und das wird auch so bleiben. Aber wir denken immer auch darüber nach, wie wir unsere Produkte noch mal anders gestalten können und müssen und was wir darüber hinaus noch anbieten können.

BZ: Als Bank beackern Sie auch den Kapitalmarkt. Wie tritt die Rentenbank als Emittentin auf?

Wir setzen in unserer Mittelbeschaffung auf eine gesunde Mischung aus strategischen Elementen – das sind unsere Benchmarkanleihen in Euro und Dollar – und kleineren Transaktionen in verschiedenen Währungen. Beim Timing bleiben wir immer flexibel. So können wir unsere Fundingkosten optimieren.

BZ: Wie sieht es denn mit den Refinanzierungskonditionen der Rentenbank aus?

Es ist für uns aktuell schon recht teuer, Geld aufzunehmen. Aber nicht nur für uns, sondern für alle Förderbanken. Wenn wir jetzt noch einmal an den Markt gehen werden, rechnen wir mit einem höheren Spread als bei den Emissionen im bisherigen Jahresverlauf.

BZ: Mit Green Bonds ist die Rentenbank auch für nachhaltig orientierte Investoren interessant.

Das stimmt. Aber Green Bonds allein fördern kein ESG. Denn die Emittenten beziehen sich hier auf schon bestehende Assets. Durch die grüne Anleihe entsteht kein neues Geschäft.

BZ: Aber die Rentenbank begibt auch selbst Green Bonds und bringt dafür ihr Kreditportfolio für erneuerbare Energien ein.

Das ist kein Widerspruch. Green Bonds werden von Investoren massiv nachgefragt. Sie haben sich dabei häufig bestimmte Zielwerte in die Richtlinien geschrieben. Diese Nachfrage bedienen wir. Zugleich wollen wir wahrhaft über Green Bonds kommunizieren. Dem Vorwurf des „Greenwashing“ – oder neudeutsch einfach nur „Washing“ – wollen wir uns nicht ausgesetzt sehen.

BZ: Wie könnte eine nachhaltige Mittelaufnahme gestaltet sein, damit sie eine Wirkung erzielt?

Investoren könnten vorab erklären, für welche Projekte sie Geld bereitstellen, etwa für ein bestimmtes Transformationsprojekt oder für mehr Tierwohl.

BZ: Wo liegen die Hürden?

Für öffentliche Emissionen ist das Thema schwierig, denn wir wollen nach Regeln emittieren, die niet- und nagelfest sind. Das ist für Green Bonds einfacher, bei erneuerbaren Energien etwa sind sie als Instrument etabliert. 

BZ: Bliebe eine private Platzierung.

In der Tat. Über ein Private Placement könnten wir Mittel einwerben. Die Idee, auf diese Weise Geld für mehr Tierwohl einzusammeln, habe ich wiederholt ins Spiel gebracht. Noch ist dazu allerdings nichts spruchreif. Uns wäre eine belastbare Messung von Zielen wichtig.

BZ: Die Bundesregierung plant, kleinere Förderbanken von der EU-Offenlegungsverordnung (CSRD) auszunehmen. Damit entfallen für sie wesentliche Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit. Wie steht die Rentenbank zu dieser Idee?

Wir werden schon auf freiwilliger Basis berichten, denn Nachhaltigkeit ist für uns ein wichtiges Thema. Aber natürlich ist die Aufgabe komplex. Ich verstehe gut, wenn sich kleinere Häuser gegen den Aufwand wehren.

 

Quelle: Dieses Interview wurde ursprünglich in der Börsen-Zeitung veröffentlicht: „Green Bonds allein fördern kein ESG“ – Nikola Steinbock im Interview, Börsen-Zeitung, 25.10.2024, Link zum Artikel. Es erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der Börsen-Zeitung als Zweitveröffentlichung.